Ente - oder nicht Ente?
Nehmen Sie sich ein wenig Zeit, um heraus zu finden, was in diesem Bild dargestellt ist. Frauen finden, statistisch betrachtet, die Lösung etwas schneller als Männer. Aber nach ca. 2 Minuten sollten die meisten das Rätsel gelöst haben. Im eigentlichen Blogbeitrag finden Sie die Begründung für diese kleine Übung. Am Ende des Beitrags finden Sie die Zeichnung noch einmal. Für diejenigen, die auch nach 2 Minuten noch nicht auf des Rätsels Lösung gekommen sind, wurde eine Hilfslinie hinzugefügt, die das Auffinden des gesuchten Objekts hoffentlich erleichtert.
Im heutigen Blogbeitrag zeige ich drei Aufnahmen derselben Wandskulptur. Diese drei fotografischen Abbilder eines abstrakten Kunstwerkes zeigen, wie komplex die Rezeption solch eines Kunstwerkes sein kann. Geben Sie der obersten Abbildung einen Titel, bevor Sie Ihren Blick zur zweiten lenken. Dort machen Sie das Gleiche, bevor Sie zur Betrachtung der dritten Aufnahme übergehen. Anschließend erkläre ich Ihnen, was dieser Blogbeitrag illustrieren soll.
Paperclay rot brennend 39 cm x 36 cm (B x H) 2020
Warum habe ich diesen Blogbeitrag mit einer rhetorischen Frage, angelehnt an Hamlet, überschrieben? Der Grund liegt in unserer Wahrnehmung am Beispiel dieses Reliefs. Es entstand als völlig abstrakte Idee und wurde bis zum Schluss auch als vollkommen abstraktes Kunstwerk von uns gesehen. Wir haben uns für die Variante drei entschieden, als es um die Frage ging, wie herum hängen wir die Wandskulptur nun auf. Wir fanden alle drei Varianten prinzipiell gleich akzeptabel. Kurz darauf erhielten wir Besuch von einer Freundin. Sie betrachtete das Relief kurz und stellte dann begeistert fest, dass diese Ente wirklich gut gelungen sei. Wir schauten sie verblüfft an, denn eine Ente hatten wir bis zu diesem Moment gar nicht darin gesehen. Nun erst beginnt der "teuflische" Teil unserer menschlichen Wahrnehmungsweise. Wir wissen bis heute nicht, ob wir unserer Freundin für diese Entenidee dankbar sein sollen, oder vielleicht doch nicht. Das Teuflische liegt nämlich darin, dass wir von dem Augenblick an, an dem auch wir uns darauf einließen, dass man in diesem Relief die Idee einer Ente sehen kann, immer eine Ente sehen, ob wir wollen oder nicht. Immer, wenn wir drauf schauen, sagt uns unser Gehirn Ente. Diesen Automatismus können wir nicht mehr abschalten. Das liegt allerdings nicht daran, dass wir unfähig sind, sondern daran, dass es allen Menschen so geht. Neurobiologen versichern uns, dass wir in diesem Relief eine Ente sehen werden bis ans Ende unserer Tage. Dies werde selbst so sein, sollten wir es mehrere Jahre gar nicht gesehen haben. Unser Gehirn wird uns bei seinem Anblick sofort mitteilen, dass dort ja die Ente ist. Wir haben nicht den Hauch einer Chance, in diesem Relief keine Ente zu erkennen. Das gilt sogar für die beiden oberen Hängevarianten. Im zweiten Bild sehen wir eine Ente auf dem Kopf, und im ersten Bild sehen wir sie kopfüber gründeln. Wir können dies nicht mehr willentlich ändern. Hat das nicht etwas Teuflisches? Die Evolution lässt uns, bzw. unser Gehirn, nicht aus ihren Klauen. In Bruchteilen von Sekunden gleicht unser Gehirn, das, was es gerade sieht, mit seinen im Erinnerungsteil abgespeicherten Kenntnissen ab. Es teilt uns diese Erinnerungen dann mit, egal, ob wir dies wünschen oder nicht. Und so werden wir in diesem Relief immer eine Ente sehen, selbst, wenn wir es um 90° oder 180° gedreht aufhängen. Einmal Ente, immer Ente.
In dieser Variante der Zeichnung hilft Ihnen eine rote Linie hoffentlich, zu erkennen, was dargestellt ist. Der gesuchte Gegenstand befindet sich innerhalb der geschlossenen roten Linie. Die Zeichnungen stammen von Prof. Martin Korte aus seinem Buch "Wir sind Gedächtnis". Ich bin über diese Zeichnungen in seinem gleichnamigen Vortrag in der Teleakademie des SWR gestolpert. In der Mediathek des SWR kann man diesen sehr empfehlenswerten Vortrag noch eine Weile sehen und hören.
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