Abstrakte Wandskulptur

Abstrakte Wandskulptur

           Wandskulptur aus Paperclay 28 cm x 37 cm (B x H) mit Glasurfarben bemalt,                                   gebrannt bei 1050 °C                                                                                2020

Spätestens seit Beginn der abstrakten Malerei mit Hilma af Klint im Jahr 1906 gilt die Befreiung der Ausdrucksformen vom Korsett gegenständlicher Darstellungen als ein Hauptschwerpunkt der ästhetischen Diskussion. Die in diesem Beitrag behandelte Wandskulptur von B.Chr.K.Barten ist ein gelungenes, typisches Beispiel für dieses Schlüsselthema der Ästhetik, das seit Beginn des 20. Jahrhunderts immer wieder die Gemüter innerhalb und außerhalb der Kunstkritik bewegt.

 

   Abstrakte Kunstwerke gibt es als Plastiken, Bilder, Installationen und in vielen Übergangsformen. Abstrakte Kunstwerke versuchen nicht die Darstellung einer visuellen Realität. Vielmehr verwenden sie Flächen, Linien, Formen, Farben, Texturen und gestische Zeichen, um visuelle Eindrücke zu erzeugen, die über das real Erkennbare hinaus weisen.

 

   Bis auf den Aspekt gestische Zeichen finden sich alle formalen Merkmale abstrakter Darstellungen in diesem Relief. Der Reiz dieser Arbeit geht aus von dem ästhetischen Gesamteindruck aller darin eingesetzten Merkmale. Das von B.Chr.K.Barten häufig benutzte Material Paperclay wurde von ihr einmal mehr zu extrem dünnen Flächen ausgewalzt. Diese Lappen wurden dann in der Fläche verformt, die Ränder wurden unregelmäßig aufgebogen und zum Teil eingerissen. Die so unregelmäßig geformte Oberfläche ist zusätzlich gegliedert durch einen die beiden Teile dieser Fläche trennenden Art Graben. Dieser Graben wird durchzogen durch zahlreiche kurze, übereinander liegende Tonrollen, die an Baumstämme erinnern, die in Stücke zersägt wurden und auf eine saubere Aufschichtung warten. Dergestalt bietet dieser Teil eine ausgeprägt lineare Teilflächengestaltung. Erst dieser Kontrast lässt den Blick der BetrachterInnen zwischen den flächenbetonten und linear bestimmten Teilflächen hin und her wandern. Diese Flächenaufteilung wird unterstützt durch eine Bemalung mit glänzenden Glasurfarben. Im Ergebnis entsteht so ein immaterielles emotionales Erleben, das seine Spannung, und damit seinen Reiz, aus dieser darstellerischen Kombination von Material, Form und Farbe gewinnt.

 

   Der besondere Reiz dieser Wandskulptur geht dabei unter anderem davon aus, dass man beim ersten Betrachten nicht auf die Idee kommt, dass es sich dabei um eine keramische Arbeit handelt, es sei denn, man kennt die Künstlerin und gelangt auf diesem Wege zu einer entsprechenden gedanklichen Verbindung. Die extrem dünn gestalteten Tonplatten lassen in Kombination mit der Farbwahl z.B. eher die Vermutung aufkommen, dass es sich dabei um zwei verrostete Eisenbleche handelt, deren Oberfläche durch eine Art glänzende Patina dauerhaft haltbar gemacht wurde. Mehr als einmal wurde ich als Kurator Zeuge, wie BetrachterInnen an die Oberfläche eines Reliefs klopften, um hinter das Geheimnisvolle des Materials zu kommen. Einmal klopfte jemand sogar mit seiner Pfeife daran, vermutlich in der Hoffnung, damit einen erhellenden Klang erzeugen zu können, um die Materialfrage zu beantworten.

 

   Einmal mehr hat man als BetrachterIn der Arbeiten von B.Chr.K.Barten den Eindruck, dass in ihren Wandskulpturen die Idee von der Vergänglichkeit aller Dinge, aus der Neues erwächst, zum Ausdruck kommt. Diese Mischung aus Melancholie einerseits, die über ihren Arbeiten liegt und der Hoffnung, die sie andererseits sichtbar machen, machen den Reiz vieler ihrer Wandskulpturen aus. Man kann sogar so weit gehen, in ihren Arbeiten ein Echo unseres Zeitgeistes widergespiegelt zu bekommen.

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