Wandskulptur Leuchtturm im Sturm

Leuchtturm im Sturm

   Am 1. März 2021 habe ich diese Arbeit von B.Chr.K.Barten schon einmal zum Anlass für einen Blogbeitrag ausgewählt. Wer Lust hat, kann ihn unter dem genannten Datum vergleichend nachlesen. 

 

  Es wird immer Diskussionen über die Frage geben, was Kunst ist und was nicht. Diese Diskussion begleitet die Kunst schon seit den frühesten künstlerischen Zeugnissen der Menschheitsgeschichte. Und natürlich ist kein Ende diesbezüglich abzusehen.  Man muss Kunst auch nicht immer sofort verstehen. Wenn wir eine Nachtigall singen hören, dann hören wir ja auch zu, ohne zu verstehen, was sie da singt. Von der tschechischen Bildhauerin Eva Roucka stammt eine Sentenz, die die Sache mit dem Gesang der Nachtigall direkt auf die Kunst überträgt: Eine Skulptur muss für sich sprechen; wenn nicht, ist sie nicht der Rede wert. Hier stimme ich Eva Roucka uneingeschränkt zu. Gute Kunst bedarf keiner verbalen Zusatzerläuterung jenseits biografischer und technischer Erläuterungen; und selbst die gehören nicht an den Anfang einer Auseinandersetzung mit einem Kunstswerk, schon gar nicht mit einem abstrakten.

 

   Warum also ist die hier gezeigte Arbeit von B.Chr.K.Barten Kunst? Die assoziative Sogkraft dieser abstrakten Wandskulptur entsteht aus einem Zusammenspiel von äußerer Form, von Flächenaufteilung, von grafischen Reizen, von der farbigen Ausgestaltung und einem nicht sofort erkennbaren Materialmix, der dieser Arbeit auch einen kollageähnlichen Touch verleiht. In der Summe dieser Ersteindrücke entsteht das unscharfe Gefühl, dass man das kennt, was dargestellt ist, ohne aber genau sagen zu können, worum es sich dabei eigentlich handelt. Mehr kann man von einem abstrakten Kunstwerk - denn darum handelt es sich - als Ersteindruck kaum verlangen. Ernst Barlach hatte natürlich Recht mit seiner Feststellung Zu jeder Kunst gehören zwei, einer, der sie macht und einer, der sie braucht. 

 

   Wenn ihre Erstneugier soweit geweckt wurde, dass sie diese Wandskulptur näher betrachten wollen, wird der zweite Teil dieser Aussage von Ernst Barlach wirksam. Sie versuchen nun, herauszufinden, ob Sie diese Kunst brauchen. Dabei geht es keineswegs nur um den Erwerb eines Kunstwerks, sondern um eine Antwort auf die Frage, ob dieses Kunstwerk, das Sie gerade betrachten, in Ihnen etwas zum Schwingen bringt. Wenn Sie diese Frage positiv beantworten können, dann brauchen Sie diese Kunst. Auf Sie wartet dann ein emotionales Erlebnis, auf das Sie spätestens im Rückblick  ungern verzichtet hätten. 

 

   Bei genauerem Hinsehen stellen Sie sehr schnell fest, dass diese Wandskulptur ein Gefühl großer Dynamik ausstrahlt. Nichts scheint wirklich statisch und unveränderlich zu sein. Schon der geschwungene Rand erzeugt diesen Eindruck von Bewegung oder Veränderung. Unterstützt wird diese Linienführung des Randes durch das Fehlen jeglicher waagerechter oder senkrechter Linienführung. Die geraden grafischen Elemente verlaufen schräg durch die Bildebene, z.T. gegenläufig, jedoch nie parallel, was eine gewisse Ruhe erzeugen könnte. Unruhe ist hier das Thema. Bei nahem Hinsehen erkennt man auch, dass die aus Metallstäben erzeugten dunklen grafischen Linien gar nicht auf der Bildplatte aufliegen, sondern auf ihr schweben. Sie werden nur durch die kleinen Kugeln am Ende gehalten. Wobei die Kugel am rechten Rand nicht einmal mehr diese Funktion erfüllt, denn sie hängt über den Rand hinaus. Auch in den einzeln über die Bildebene verstreuten, auf die Bildfläche aufgelegten Kleinelementen ist keine Ordnung zu erkennen. Nichts gibt ihnen Halt.Auch das die Bildwirkung bestimmende Hauptelement hängt schief in der Gegend, unteres und oberes Ende ragen über den Bildrand hinaus, und die Seitenlinien laufen ungleich auseinander. Die Farbigkeit ist reduziert auf wenige Farben, die auch nicht als klare Farben zu erkennen sind. In der Grundplatte vermischen sich alle Farben der aufgearbeieten Elemente zu einer kaum klar beschreibbaren Farbimpression. In den aufgearbeiteten Elementen treten diese Farben dann einzeln klarer hervor, ohne jedoch sauber gegen die Grundfarbigkeit der die Einzelelemente tragenden Bildplatte abgegrenzt zu sein.

 

   Welche Einzeldeutung Sie als BetrachterInnen nun für diese Wandskulptur finden, hängt von den Assoziationen ab, die in Ihnen durch die Betrachtung wachgerufen werden. Diese fallen natürlich bei jeder einzelnen Person anders aus, denn jede/r von uns hat eine persönliche Erinnerungsbiografie. In mir, einem Menschen der Küste, werden durch diese Arbeit Erinnerungen an einen schweren Sturm wachgerufen, der selbst an so etwas Solidem wie Leuchttürmen rüttelt und ansonsten alles, was nicht niet und nagel fest ist, durch die Luft wirbelt. Ich kann mir in dieser Wandskulptur auch die Illustration für ein Kinderbuch, in dem ein Leuchtturm eine wichtige Rolle spielt, vorstellen. Aber diese Einzelassoziation soll Ihre assoziative Deutung nicht einschränken.

 

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